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„Dynastie und Reichtum“, Torsten Riotte, aus: Reichtum in Deutschland, 2019, S. 52

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Was wissen wir über das Vermögen des (ehemals) regierenden Hochadels im 19. und 20. Jahrhundert?

„Der Volksentscheid ist zu Recht als das „wichtigste innenpolitische Ereignis“ des Jahreswechsels 1925/26 bezeichnet worden. Dennoch stellten staatliche Entschädigungszahlungen im Nachkriegsdeutschland nur eine Seite dynastischer Vermögensverwaltung dar. Im Fall des Hauses Hannover führten der Vergleich mit der braunschweigischen Regierung und die Entschädigungsklage gegen den preußischen Staat zu neuer Liquidität des Fürstenhauses. Für eine Diskussion dynastischen Vermögens stellt sich daher die Frage, wie die Familie mit dem zur Verfügung stehenden Investitionskapital umging. Durch die Ergebnisse der jüngeren Forschung kennen wir einige Details. Ein Teil des Geldes wurde in gewohnter Manier in Aktien oder Wertpapieren angelegt. Seit etwa 1937 bemühte sich der Herzog von Braunschweig offensiver um neue Formen der Geldanlagen, die in ihrem Charakter ein Spezifikum der späten 1930er und frühen 1940er Jahre gewesen zu sein scheinen. Mit Beginn der „Arisierung“ deutscher Unternehmen investierte der Herzog von Braunschweig in Aktienkäufe, die großen Gewinn versprachen. Kooperationspartner bei diesen Geschäften war die Reichs-Kredit-Gesellschaft, die von Berlin aus die Vermittlung „arisierten“ Vermögens steuerte. … Der Anschluss Österreichs eröffnete seit 1938 zusätzliche Investitionsmöglichkeiten, da das Haus Hannover aufgrund seiner Exilzeit dort bestens vernetzt war. … Arisierung konnte zum einen bedeuten, dass die vormaligen Besitzer ihre Aktien zum Kauf anboten, um einer Enteignung zu entkommen. Die drängende Situation führte dabei regelmäßig dazu, dass weit unter Wert verkauft wurde. Aber es existierten auch deutlich gewaltsamere Varianten der „Arisierung“. Die Regierungen im „Dritten Reich“ und in Österreich setzen jüdische Inhaber unter Druck – bis hin zur Inhaftierung -, um den Verkauf eines Unternehmens zu forcieren.“